Neue Musikzeitung
Ausgabe Dezember 2010/Januar 2011

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Frischer Wind für den Klavierunterricht

DTKV-Seminar für Klavierpädagogen und Klavierschüler

Anfang November 2010 kamen knapp 20 Klavierkollegen und sechs jugendliche Pianisten und Pianistinnen aus ganz Niedersachsen in der Klavierfabrik der Firma Grotrian-Steinweg zusammen, wohin der DTKV zum alljährlichen Fortbildungskurs im Rahmen des Braunschweiger Klavierpodiums eingeladen hatte. Das Thema, dem sich die beiden Dozenten Prof. Tim Ovens (Lehrtätigkeit in Wien und Peking) und Christoph Keller (Pianist, Klavierpädagoge und Komponist aus Oldenburg) auf äußerst interessante und kurzweilige Weise widmeten, lautete diesmal „Neue und Neueste Klaviermusik für den Unterrichtsgebrauch“.
An den Beginn seines gut einstündigen Vortrages stellte Prof. Ovens die vier Kernfragen: „Was verstehen wir unter Neuer Musik?“, „Was für Schwierigkeiten haben wir mit ihr?“, „Wie können wir sie unseren Schülern nahebringen?“ und „Welche Stücke sind geeignet?“ Sehr übersichtlich und abwechslungsreich ging er an die Beantwortung dieser Fragen, indem er die sog. Neue Musik, die er definiert als die Musik der letzten 100 Jahre, in vier „Entwicklungsstränge“ aufgliederte, zu denen er jeweils einige kurze Beispiele für Literatur der Unter- und Mittelstufe vortrug. Hier in Kurzform die vier Richtungen mit den von Herrn Ovens hervorgehobenen Hauptvertretern: 1. die sog. „Spannungsharmonik“ bei z. B. P. Hindemith, P. Eötvös, C. Hempel, C. Halffter; 2. die Zwölftonmusik (und in der Folge der Serialismus) vertreten v.a. durch A. Schönberg und P. Boulez; 3. die Verwendung von Volksmusik und der Musik fremder Kulturen, angefangen im Impressionismus mit C. Debussy, fortgeführt u. a. durch B. Bartok, G. Ligeti, S. Gubaidulina und daraus abgeleitet „Minimal Music“, z. B. von P. Glass oder H. Otte. Die 4. Richtung (zu der man auch Christoph Kellers Klavierwerk zählen kann) vertreten Komponisten, die dem Klavier unkonventionelle Klänge entlocken durch neue Spielweisen oder Präparierung, oft einhergehend mit graphischer Notation, z. B. H. Cowell, J. Cage oder G. Kurtag.
Als wichtige Aspekte für die Vermittlung im Unterricht nannte Prof. Ovens die Verwendung von Bildern (oft schon vom Komponisten im Titel angedeutet), das Einfühlen in Stimmungen, die frühe Gewöhnung an aufmerksames Zuhören und die Entwicklung einer feinen Anschlagskultur. Auch sei es wichtig, die Klangwelt des Schülers „offen zu halten“, ihm geschmackliche Vielseitigkeit zu ermöglichen. Zur praktischen Umsetzung hatte er für die Kursteilnehmer eine umfangreiche Liste geeigneter Stücke zusammengestellt. Außerdem stellte er einen großen Noten-Stapel zum Stöbern während der Pausen zur Verfügung.
In zwei Unterrichtsphasen arbeitete Herr Ovens anschließend mit insgesamt 5 Jugendlichen im Alter zwischen 11 und 18 Jahren an Werken von A. Schönberg, S. Bernstein, S. Prokofjew, J. Takács und G. Crumb, z. T. auf sehr hohem Niveau, wobei er großen Wert auf genaues Lesen des Notentextes, dynamische Gestaltung einzelner Phrasen bzw. Differenzierung der Stimmen und ein geschärftes Vorstellungsvermögen legte. Er ging auch ausführlich auf technische Probleme ein und bewies in seinen Demonstrationen seine extreme dynamische und emotionale Bandbreite. Hier ein großes Lob an die mutigen und fleißigen jungen Musiker Tatjana Szymanowski, Nina Ding, Justus Rümenapp, Anna Prinzing und Jakob Schwarzer.
Zwischen den beiden Unterrichtseinheiten bekam Herr Keller die Gelegenheit, gemeinsam mit seinem überaus professionell vorbereiteten, knapp 16-jährigen, Schüler Jan Remmers sein neuestes Klavierwerk „Kaleidoskop“ vorzustellen. Nach der von Jan sehr ausdrucksstark und überlegen vorgetragenen Darbietung des gesamten Zyklus erläuterte der Komponist Entstehung und Struktur der fünf „klangexperimentellen Miniaturen für Klavier“, unterstützt durch Demonstrationen, Kommentare und Erfahrungsberichte seines Schülers. Jedes Stück verbindet eine ungewohnte Spieltechnik mit einer anderen, konventionellen. Hier seien u. a. genannt die Präparierung des Flügels mit Papierbögen im 1. Stück („Kaleidoskop“), mit zwei Linealen im 5. („Stimme der Nacht“), außerdem das stumme Herunterdrücken der Tasten in Kombination mit Glissandi auf den Saiten im 2. Stück („Wie ein Choral“). Im 3. Stück („Klang-Dialog“) werden 5 bestimmte Töne gezupft, außerdem wird hier der Flügel - ebenso wie im 4. Stück („Fast ein Blues“) zum Schlaginstrument. In letzterem werden nicht nur Tastendeckel, Spieltischunterseite und Pedal, sondern auch Bodypercussion in z. T. komplexer Polyrhythmik eingesetzt. Vom Publikum wurde diese neue Werk mit Interesse und Begeisterung aufgenommen, denn es ist Herrn Keller nicht nur gelungen, spielbare und ansprechende Musik für den Unterricht zu schreiben, sondern sein Schüler ist der beste Beweis für das Potential dieser Stücke, Jugendliche zu motivieren.
Abschließend kann man sagen, dass der Klavierkurs wieder ein großer Erfolg war, der viel Neues und nützliche Anregungen gebracht hat. Sicherlich werden einige von uns nun aktiver auf die Suche nach „Neuen Noten“ gehen und diese auch gezielt im Unterricht einsetzen.
Ein großes Lob und herzlicher Dank aller Kursteilnehmer gehen an Frau Friederike Leithner, 1. Vorsitzende des LV, die den Kurs organisiert hatte und für eine freundliche Atmosphäre und einen reibungslosen Ablauf sorgte, an die beiden ausgezeichne-ten Dozenten und ganz besonders an die Firma Grotrian-Steinweg, die uns, wie jedes Jahr, wieder großzügig Räumlichkeiten, Flügel und auch die Verpflegung zur Verfügung stellte.
◾ Elisabeth Kniehl (ekn)




Prof. Helmut W. Erdmann

In unserer Oktoberausgabe berichteten wir über ein im Sommer im Bechstein-Zentrum Hannover stattgefundenes Kammermusik-Konzert mit Werken von Prof. Violeta Dinescu, Christoph Keller, Roland Poelman, Prof. Gerhard Schäfer, Helmut W. Erdmann und Rudolf Suthoff-Groß.
Wir haben uns nun vorgenommen, Ihnen diese unsere niedersächsischen Komponisten aus dem DTKV nacheinander vorzustellen. Heute stellen wir unseren Lesern vor:

Herrn Prof. Helmut W. Erdmann

Er wurde 1947 in Emden geboren. Das Studium absolvierte er in Braunschweig (Orchesterdiplom) und Hamburg (Flöte, Komposition und Elektronische Musik). Abschluss war 1971 seine Musiklehrerprüfung.
Seit 1971 übt er seine Lehrtätigkeit an der Musikschule Lüneburg (Flöte, Leiter des Ensembles Neue Musik Lüneburg) aus und wurde 1972 Lehrbeauftragter an der Leuphana Universität Lüneburg (von 1985 bis 1989 lehrte er auch an der Universität Göttingen). Seit 1992 ist er Professor für Komposition/Live-Elektronik an der Hochschule für Musik und Theater in Hamburg.
Seit 1974 ist er Mitglied des DTKV und arbeitet aktiv im Vorstand der Bezirksgruppe, jetzt als Vorsitzender, mit.

Als Dozent, Referent und Kursleiter tritt Prof. Erdmann sein 1976 auf überregionalen und internationalen Tagungen und Kongressen auf. Zu seinem künstlerischen Wirken gehört eine rege solistische Tätigkeit bereits seit 1971. Er ist Mitglied im Varius-Ensemble (Hamburg), des Ensemble Musica Viva (Bayreuth) und seit 1991 auch des Michael Seil Ensembles (Frankfurt).
Zahlreiche Auszeichnungen wurden ihm zuerkannt, unter anderem ein Stipendiat der Deutschen Akademie Villa Massimo (Rom), der Cite Internationale des Arts (Paris) und der Stanford University California, (USA). Das Niedersächsi-sches Nachwuchsstipendium (1980), die Verleihung des Bach-Preis-Stipendiums der Stadt Hamburg (1983) sowie ein Stipendiat der Casa Baldi (Olevano/Rom) 1985 haben ebenso wie eines der Cite Internationale des Arts (Paris) und seine Gastaufenthalte 1988/89 im Atelierhaus Worpswede seine Laufbahn wesentlich geprägt. Weitere Auszeichnungen waren 1990 das Niedersächsisches Künstlerstipendium und 1991 Kulturpreis des Landkreises Lüneburg. 1996/97 folgte ein Jahresstipendium des Landes Niedersachsen.
Seit 1998 Als Präsident der Europäischen Konferenz der Veranstalter Neuer Musik (ECPNM) wirkt er seit 1998. Aber Prof. Erdmann hat weitere umfangreiche Ämter zu begleiten. Er ist Präsidiumsmitglied des ECF (European Composer's Forum) (2006).
Seit 2007 Vorstandsmitglied des Deutschen Komponistenverbandes sowie der ECSA (European Composers and Songwriters Alliance) (2007) und Mitglied der „Platform of Cultural and Creative Industries der EU-Commission for Education and Culture" in Brüssel. (2008). Dazu kommen seit 2009: der Vorsitz des Deutschen Komponistenverbandes, Lan-desverband Norddeutschland, Mitglied in den Fachausschüssen „Bildung" und „Europa" des Deutschen Kulturrates; außerdem seit Oktober 2009 Vizepräsident des ECF's. Dem, nicht genug folgte 2010 Berufung in das „Kompetenznetz-werk Europäische Kulturpolitik" des Deutschen Kulturrates.
Bemerkenswert sind seine Anregungen zu neuen Kompositionen für Flöte solo und Kammermusik mit Flöte.
"In meinen Kompositionen bin ich bestrebt, zu einer Synthese heute möglicher Stilmittel zu gelangen“, äußert er. Von Beginn seiner kompositorischen Arbeit hat er die Auseinandersetzung mit elektronischer Musik und live-elektronischer Klangverarbeitung und den differenzierten Fähigkeiten der Computermusik mit einbezogen und genutzt. Hierzu gehört ebenso die Einbeziehung improvisatorischer Gestaltungsmöglichkeiten bei einigen Werken. Prof. Erdmann ergänzt: „Von großer Bedeutung sind für mich dabei die verschiedenen Mischformen - vom "reinen" Instrumentalton und seinen man-nigfaltigen Farbgebungen. bis zum völlig elektronischen veränderten Klang. Natürlich auch mit allen Zwischenstufen der Verfremdung, Klangerweiterung, dem Feedback instrumentaler und apparativer Technik im kreativen Entfaltungsprozess.“
Prof. Erdmann wurde 1975 künstlerischer Leiter der Veranstaltungsreihe Neue Musik in Lüneburg und 1977 außerdem Leiter des Fortbildungszentrums für Neue Musik ebenfalls in Lüneburg.
Die kompositorischen Arbeiten von Prof. Erdmann (ca. 200 Werke) umfassen alle Gattungen, einschließlich elektroni-scher und live-elektronischer Werke.
Er hebt besonders hervor: „Auch die Einbeziehung melodischer und rhythmischer Elemente hat mich interessiert, um wieder zu "lustvollem" Musizieren zu gelangen.“ Neben diversen Kompositionen für professionelle Formationen hat ihn in den zurückliegenden 40 Jahren immer wieder die Aufgabe gereizt, Stücke für den Laienbereich zu konzipieren. Vor allem in der Kammermusik sind eine Reihe von Stücken entstanden, zu denen ihn jugendliche Spieler als Teilnehmer der Wettbewerbe "Jugend musiziert" angeregt haben. „Für mich als Komponist stellt sich dabei auch eine wichtige pädagogi-sche Aufgabe: jugendliche Spieler an die Auseinandersetzung mit Neuer Musik heranzuführen, ihr Interesse zu wecken und zur kontinuierlichen Beschäftigung mit Neuem, Ungewohntem zu ermuntern."
Zahlreiche Konzerte und Rundfunkproduktionen haben mit eigenen Werken in der Deutschland, in Europa, Japan und in den USA stattgefunden.
◾ Gunter Sokolowsky (gs)




Erstes Madrigal-Chorseminar im Cuxland

mit Chorleiter Norbert Klose

Rund 40 Chorsängerinnen und Chorsänger aus dem norddeutschen Raum kamen am dritten Septemberwochenende in Oberndorf an der Oste zusammen, um mit dem hauptamtlichen Kirchenmusiker Norbert Klose aus Hohenwestedt (Schleswig-Holstein) internationa-le Madrigale, Motetten und selten aufgeführte Chorsätze aus fünf Jahrhunderten zu erarbeiten.
Eingeladen hatte die DTKV-Bezirksgruppe Cuxhaven/Stade zu diesem besonderen Chorwochenende, das Gudula Senftleben als Vorsitzende der Bezirksgruppe mit der Unterstützung von Marit Wangensteen sehr gut organisierte.
Einen Monat zuvor wurden uns die ausgewählten Chorstücke zugeschickt, damit wir gut vorbereitet zum Chorwochenende anreisten. Nach Ankunft im ev. Gemeindehaus in Oberndorf half ein gutes Einsingen beim Kennenlernen der Nachbarstimmen.
Dann folgte eine konzentrierte Probenphase, in welcher der Chorleiter einen schönen Chorklang „herbeizauberte“. Unterbrochen durch Pausen mit gutem Essen erarbeiteten wir fast 15 verschiedenartige Chorstücke. Höhepunkt dieses Chorseminars war, am Sonn-tagabend elf musikalische „Leckerbissen“ während eines Gottesdienstes in der Oberndorfer St.-Georgskirche vorzutragen, wo auch die diesjährige Sommeraustellung „Zugvögel“ mit dem Künstler Raimund Adametz aus Oberndorf beendet wurde.
Wir alle würden uns über eine Fortsetzung mit Norbert Klose sehr freuen. Danke sagt Michaela Vogler aus Langwedel bei Bremen!
◾ Michaela Vogler (vm)

Einige Teilnehmer bei der Probe in Oberndorf mit dem Chorleiter Norbert Klose | Foto: Gudula Senftleben



Neuer Vorstand gewählt

Göttingen. Ende Oktober trafen sich Mitglieder der Bezirksgruppe zur Jahreshauptversammlung. Die Beteiligung der starken Mitgliedergruppe war erfreulicherweise wieder ausgesprochen zahlreich. Wie sich bereits in den letzten Jahren herauskristallisierte, war das auf die wirkungsvolle Arbeit des Vorstandes im Einzugsgebiet zurückzuführen.
Der umfangreichen Tätigkeitsbericht des scheidenden Vorstandes über zahlreiche Veranstaltungen, bei denen auch Schüler ihr musikalisches Können zeigten, fand wieder große Resonanz. Die Leistungsfähigkeit des DTKV-Musikunterrichtes in Göttingen ist ein Beweiß für die qualifizierte und umfassende Arbeit aller Instrumentalpädagogen. Die zahlreichen Schulprojekte, die in Göttingen und weiteren Städten in Südniedersachsen aufgebaut wurden und in guter Qualität funktionieren, kommen ohne Subventionen und ohne Bürokratie aus.
Zum Abschluss ihrer viele Jahre währenden Vorstandsarbeit erhielten den Dank der Anwesenden und einen Blumenstrauß Chrisiane Breuer (ehem. Vorsitzende), Sabine Hess (ehem. stellv. Vorsitzende), Ulla Schimpf (Koordination Schulprojekte), Gesine Schellenberg (ehem. Kassenwart) und Barbara Schäfer (ehem. Schriftführerin).
Dann kam er zur Neuwahl des Vorstandes der Bezirksgruppe Göttingen. Aufgeschlossen wurden Vorschläge der Teilnehmer vorgetragen und so konnte eine erfolgreiche Wahl stattfinden. Wir gratulieren dem neuen Vorstand Tabea Sprenger (Vorsitzende), Oliver Schaad (stellv. Vorsitzende), Elisabeth Kniehl (Schriftführerin), Ulrike Hasse (Schatzmeisterin) und Ulla Schimpf, die weiterhin für die Koordination der Schulprojekte zur Verfügung steht.
Dem neuen Vorstand wurde die Unterstützung der Vorgänger zugesichert, um zahlreich genannte Vorhaben wieder auf den Weg zu bringen.
◾ Gunter Sokolowsky (gs)



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Samstag, 23.11.2024 von 10-18 Uhr
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