Neue Musikzeitung
Ausgabe April 2024

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Gelungene Annäherung! Klassik und Jazz

Zwei Trios aus Osnabrück bringen beides mit einem spannenden Konzept zusammen

Osnabrück. Im Herbst 2023 veranstalteten das Wiebke Schröder Trio und das Triosarte im Osnabrücker Ledenhof ein Konzert mit dem Thema „Trio hoch zwei - Klassik trifft Jazz“. Wie sich die beiden Genres vereinbaren lassen, hörte das Publikum anhand der sechs ausgewählten Kategorien: Spielfreude, Leidenschaft, Form- und Hörgewohnheiten sowie Kommunikation, Sehnsucht und Atmosphäre.

Gleich zu Beginn erfuhr man die Spielfreude des Triosarte in Joseph Haydns Rondo al‘ ongarese Presto aus dem Klaviertrio Nr. 39. Quirlige Sechzehntel in der Violine (Dorothea Sack) über einem schwingenden Bass im Cello (Sandra Denby) laufen in den Händen des Klaviers (Julia Habiger-Prause) zusammen. Es entstand ein Sog, der einen sofort ins Geschehen hineinzog.

Das Wiebke Schröder Trio griff diese Spielfreude exzellent auf. Erste Füße wippten mit bei der tänzerischen Melodie des Standards St. Thomas von Sonny Rollins, die weiter bearbeitet wurde in kreativen Improvisationen auf dem Klavier (Wiebke Schröder) und virtuosen Einlagen auf dem Kontrabass (Michael Bohn) bei stets sicherer Stütze vom Schlagzeug (Silas Jakob).

So ging es abwechselnd hin und her. Mal Klassik, mal Jazz oder umgekehrt. Beim Thema Leidenschaft stach Michael Bohn (Bass) aus dem Trio hervor mit der zart gespielten Melodie aus Astor Piazzollas Oblivion. Demgegenüber stellte das Triosarte stürmische Gefühle, als sie mit Feuer und Ekstase durch den Kopfsatz aus Ernest Chaussons Klaviertrio Nr. 1 rauschten. Mit dem anschließenden Kleinen Trio über englische Volkslieder op. 46a/4 von Alec Rowley demonstrierte Wiebke Schröder dem Publikum anhand des Hauptmotivs die Herangehensweise an ein Jazz-Arrangement.

In der zweiten Konzerthälfte wechselten die Schauplätze weiter. Unter dem Titel Sehnsucht webte das Wiebke Schröder Trio eine retardierende Stimmung, die hervorragend vom Triosarte konserviert wurde. Zum Abschluss wurden verschiedene Atmosphären erzeugt mit Wiebke Schröders Komposition Overthinking und Astor Piazzollas Sommer. Das Jazztrio rief nochmal seine gesamte Virtuosität und Klangfülle ab, bevor das Triosarte mit Schlägen, Klopfen und Tango-Rhythmen die Straßen von Buenos Aires in den Saal holte.

Klassik trifft Jazz – die Suche nach Gemeinsamkeiten erwies sich als voller Erfolg. Harmonische Differenzen halten die Ohren frisch und den Abend unterhaltsam bei musikalisch hoher Qualität. Und dass sie es auch zu sechst können, zeigten sie mit Autumn Leaves als Zugabe.

◾ Jonathan Reischel (jore)




So geht Zukunft!“ Zur UN-Charta der Menschenrechte

Jeder hat das Recht, am kulturellen Leben teilzunehmen

Oldenburg. „Jeder hat das Recht, am kulturellen Leben der Gemeinschaft teilzunehmen, sich an den Künsten zu erfreuen und am wissenschaftlichen Fortschritt und dessen Errungenschaften teilzuhaben“. So steht es in der UN-Charta der Menschenrechte, die im Dezember vor 75 Jahren proklamiert wurden. Das Jubiläum war für Erich A. Radke, DTKV-Mitglied im Bezirk Nordwest, Anlass, eine Veranstaltungsreihe zu initieren -  mit öffentlichen Diskusisionen, Ausstellungen, einem Filmprojekt, einem Plakatwettbewerb, Chorkonzerte und, im Mittelpunkt am Internationalen Tag der Menschenrechte, die Suite für Orchster HUMAN des Komponisten Helge Burggrabe.

Erich Radke selbst komponierte das abendfüllende Werk „Crossing the Line“, das am Vorabend des Jubiläumstages im Alten Landtag von Oldenburg uraufgeführt wurde; es spielten das Ensemble Alafia, das Gitarren-Duo Stoyanova und der Schlagzeuger Dany Catalan.

„So geht Zukunft!“ rief jemand nach fast zwei Stunden unerhört farbigem und feinem Ensemblespiel aus: mit einer vollkommen selbstverständlich wirkenden musikalischen Kompetenz, einer offen ausgetragenen Freude am Zusammenspiel ohne jegliche Hierarchie und mit energiegeladenem Engagement. Die neun jungen MusikerInnen schienen damit das Thema von Radkes Kammerorchester-Komposition selbst zu verkörpern: sich über eine Grenze begeben, stammten sie doch aus den verschiedensten Ländern: von Venezuela bis Russland, von Schottland bis Palästina, von Bulgarien bis Baskenland.

Scheinbar mühelos begibt auch der Komponist sich über Grenzen, jene von Genre und Stil: dass diese sich nicht einfach einordnen lassen, gibt seiner Musik eine ganz eigene Signatur: ein bisweilen lustvolles Balancieren zwischen vertrauten und fremden Klangwelten, ein geistreiches Spiel mit unseren Hörerwartungen, in denen sich das ausdrückt, was Radke ein Herzensanliegen ist: unsere Bereitschaft zur Veränderung, und zwar so lange, bis die Menschenrechte gelebte Wirklichkeit sind. Ein Abend mit zeitgenössischer Musik, der Zeitgenossen zu begeistern wusste: mit intelligenten Widersprüchen, einer erfrischenden Intensität, und einer unsentimentalen Sehnsucht nach einer Welt ohne Vertreibung, Not und Gewalt.

Großer Beifall. Zugabe. Noch mehr Beifall.

◾ Ronald Poelman (ropo)

Die Ausführenden von „Crossing the Line“ (v.l.) Leonardo Pedroza Cabrera, Olga Riazantceva-Schwartz, Keti und Boyana Stoyanova, Iain Lennon, Marina Eichberg, Dany Catalan, Paula Sagastibeltza, Nicola Janjic

Erich Radke und Helge Burgrabe (v.l.), Komponisten zum Thema Menschenrechte
(Foto: Ronald Poelman)




Gelungene Annäherung! Klassik und Jazz

Buxtehude. Die Bezirksgruppe Cuxhaven/Stade des Deutschen Tonkünstlerverbandes (DTKV LV Niedersachsen e. V.), lädt für Samstag, 20.04.24, zu einem Benefizkonzert für „Ärzte ohne Grenzen“ in das Gymnasium Süd, Torfweg 36, in 21614 Buxtehude, ein. Beginn ist um 16 Uhr. Kinder, Jugendliche und Erwachsene, Laien und Berufsmusiker:innen musizieren ein vielfältiges Programm mit Werken aus mehreren Jahrhunderten und Kompositionen für Gesang, Holzblasinstrumente, Streichinstrumente, Harfe und Klavier. Der Eintritt ist frei.




Kurz vorgestellt

Ulrich Roscher wurde 1955 in Lingen (Ems) geboren und wuchs dort auf. Er erlernte das Klavier, Orgel- und Bratschespiel und studierte ab 1972 Schulmusik und Geschichte in Hannover. Seit 1981 war er als Studienrat an verschiedenen Gymnasien in Niedersachsen tätig. 1998 schloss er ebenfalls in Hannover ein Studium zum Diplom-Tonsatz- und Gehörbildungslehrer ab und nahm in den folgenden Jahren entsprechende Lehraufträge u. a. an den Musikhochschulen Hannover und Bremen wahr. Daneben arbeitete Roscher als Chorleiter in Goslar und Hannover, sowie ab 2009 hauptsächlich als freiberuflicher Musiktheoretiker und Komponist. Werke von ihm sind bei edition 49 sowie im Strube-Verlag erschienen und wurden zuletzt etwa vom Göttinger Knabenchor aufgeführt. Im Januar 2024 wurde er zum 1. Präsidenten des DTKV Landesverband Niedersachsen e. V. gewählt. Weitere Infos unter www.tonsatz-roscher.de.

Ulrich Roscher (Foto: Privat)



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