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Neue Musikzeitung
Ausgabe November
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Wir sind doch nicht Aldi - auch Geben statt nur Nehmen
Unser Berufsverband muß von noch mehr Aktiven vorangebracht werden
Hannover. Welche umfangreiche, zeitaufwendige und tiefgründige ehrenamtliche Arbeit der Vorstand und erweiterete Vorstand des Landesverband Niedersachsen des DTKV mit einigen sehr aktiven Mitgliedern leistet, wurde zur Landesdelegiertenversammlung Ende September wieder ganz deutlich.
Die Wahrnehmung der Situation der künstlerisch-musikalisch freischaffenden Pädagogen, aller Honorarkräfte und der Lehrbeauftragten an den Hochschulen, ist in der Öffenltichkeit und der Politik sehr fraglich und kann so nicht weiter hingenommen werden. So wurde berechtigter Weise festgestellt, das sich bereits ein akademisches Proletariat, ein akademischer Mittelstand, gebildet hat.
Die Delegierten vertraten einhellig die Meinung, dass der Landesmusikrat seine politische Aufgabe, mit der Landesregierung diese Situationen zu verbessern, auch wirkungsvoller wahrnehmen muß.
Oft malen die Mühlen zu langsam!
Das Thema der Vernetzung mit anderen Betroffenen/Partnern ist von Bedeutung. Um bessere Perspektiven schaffen zu können, müssen Fakten und Material aus der Praxis gesammelt werden. Berichterstattungen in der Presse müssen weiter vorangetrieben werden. Eventuell sollen auch weiteren Medien wie das Fernsehen genutzt werden. Dazu gibt es auch bundesweite Initiativen.
Nur unser eigenes aktives Handeln kann unseren Berufsstand voranbringen. Die Zeit der Nehmer-Ansprüche muss gewandelt werden in aktives Mitgestalten durch viele unserer Mitglieder.
Engagierte Vertreter des DKTV-Landesverbandes sind bundesweit zu vielen wichtigen Konferenzen, Beratungen und Konzerten unterwegs und knüpfen wertvolle Kontakte. Das bedeutet einen hohen Zeitaufwand. Deshalb werden Fahrtkosten und ggf. Übernachtungen den Ehrenamtlichen erstattet. Auch aus diesem Grund wurde eine moderate Erhöhung des Mitgliederbeitrages nach mehr als 10 Jahren erforderlicherweise beschlossen.
Dadurch freie Mittel werden in die Förderung von musikalischen Aktivitäten einfließen. Dazu müssen die Bezirksvorstände handeln, planen und beantragen. Ein solider Haushaltsplan für das kommende Jahr liegt vor.
Nicht immer klar ist die Vorstellung einiger Mitglieder, was sie vom Berufsverband erwarten. Aber dass unsere lehrenden und ausübenden Mitglieder und auch Ehrenamtstätige durch diversen Versicherungsschutz abgesichert sind, darauf möchten wir noch einmal hinweisen. Informationen dazu gibt auf der Homepage und in der Landesgeschäftsstelle.
Nach längeren umfangreichen Bemühungen hat eine Arbeitsgruppe einen neuen Unterrichtsvertrag für die Mitglieder des Landesverbandes Niedersachsen vorgelegt, der auch rechtlich geprüft wurde. Er wurde von den Delegierten bestätigt und wird in Kürze auf Anfrage erhältlich sein.
Die Bemühungen unserer Mitglieder, attraktive Angebote unterbreiten zu können, sind vielfältig. So ist wieder ein Kompositionskurs geplant, für den in Oldenburg ein kostenloser Raum genutzt werden kann. Weiterhin wird geprüft, ob ein Informationskurs für Studienbewerber im ländlichen Raum, wie zum Beispiel Holzminden, angeboten werden kann: dort, wo interessierte Teilnehmer weite Anreisen vermeiden können.
Wirkungsvolle Konzerte werden in allen Bezirksgruppe angeboten: Generationen-, Lehrer- und Schülerkonzerte, auch für „Jugend musiziert“-Preisträger ohne Weiterleitung.
◾ Gunter Sokolowsky (gs)
Schlafender Riese Wingis
Cuxhavener Tonkünstler auf besonderen Wegen
Wingst. In der flachen Küstenlandschaft zwischen Elbe und Oste liegt eine eiszeitliche Moräne, bewachsen mit typischem Mischwald, aus der sich ansehnliche Höhen wie der Silberberg (74 m) und der Deutsche Olymp (62 m) hervorheben. In Wirklichkeit handelt es sich nicht um ein Naherholungsgebiet, sondern um den schlafenden Riesen Wingis.
Voller Tatendrang hatte sich immerhin ein Drittel der Tonkünstler aus dem Bezirk Cuxhaven/Stade zu einer sonntäglichen Wanderung am Rande der Wingst getroffen. Gut ausgerüstet, selbst Liederzettel, die bei Pausen zu mehrstimmigem Gesang dienten und damit den musikalischen
Hintergrund dieser Wandergruppe zeigte, befanden sich in einem Rucksack.
Unbeschwert, Alltagssorgen wie z.B. die ungeklärte Vertragssituation der niedersächsischen Tonkünstler hinter sich lassend , wanderte die gut gelaunte Gruppe etwa 12 Kilometer auf dem schlafenden Riesen herum.
Für sympathische Abwechslung sorgten Begegnungen mit ungewöhnlich gewachsenen Bäumen, laut klopfenden Spechten, fröhlich singenden Finken und einem kleinen Marder auf der Suche nach seinen Eltern. Der einzelne Marathonläufer, von der Tonkünstlergruppe mit frenetischem Beifall begrüßt, setzte seine Strecke motiviert und in beneidenswertem Laufstil fort.
Zwischendurch wurde die Wanderung für Fortbildungen im Bereich Stimmbildung, neue Atemübungen und Gehörbildung an einer Holz-Orgel genutzt. Nun kann die Aktion bei der nächsten Steuererklärung abgesetzt werden.
Das Wingster Wasser gilt als besonders gesund. Also wurde am Brunnen des Wasserwerkes eine Pause mit Verjüngungskur eingelegt. Für einen besinnlichen Moment sorgte der Besuch eines alten jüdischen Friedhofs, bei dem die Gruppe einen musikalischen Friedensgruß hinterließ.
Das Kaffeetrinken in einem netten Ausflugslokal und der abschließende Grill-abend machten deutlich, dass die Idee, eine Wanderungsfortbildung auf dem gemütlichen Riesen Wingis durchzuführen, eine hervorragende und zusammenschweißende Idee war. Und wenn das Wetter so mitspielt, dann fehlen nur noch fertige Vertragsformulare.
◾ Burkhard Schlagowski (bus)
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Fotos: Burkhard Schlagowski - Gehörbildung an der Holz-Orgel |
Wohlabgewogener Balance von Sprechstimme und Klavier
CD-Einspielung vom „Duo Pianoworte“: Ullmann und Arensky
Hannover. Viktor Ullmann, der 1944 in Auschwitz ermordete Komponist, tritt in den letzten Jahren immer stärker ins Bewusstsein der Musikwelt. Noch im KZ Theresienstadt, wo er seit 1942 interniert war, schuf der angesehene Komponist der Zwischenkriegszeit und einstige Schönberg-Schüler eine Vielzahl von Werken, die er teilweise dort zur Aufführung bringen konnte. Dazu zählt auch seine Vertonung von Rilkes „Weise von Liebe und Tod des Cornets Christoph Rilke“ für Sprecher und Klavier.
Mit seiner jüngsten Einspielung hat sich nun das auf die Kunstform Melodram spezialisierte „Duo Pianoworte“ diesem letzten größeren Werk Ullmanns gewidmet. Dabei haben sich Sprecher Helmut Thiele und Pianist Bernd-Christian Schulze in Ergänzung zu Ullmanns Auswahl von zwölf Abschnitten dazu entschieden, den kompletten Text Rilkes in die Aufnahme hineinzunehmen. Das ist insofern plausibel, als der „Cornet“ längst nicht mehr jene Breitenwirkung besitzt, die ihm als Insel-Taschenbuch mit der Nummer 1 einst „Kultbuch“-Status erworben hatte. So ermöglicht diese CD eine lohnende Wiederbegegnung mit dem gesamten Prosatext. In Zusammenarbeit mit dem Ullmann-Experten Ingo Schultz konnten die Ausführenden zudem Einblick in das Quellenmaterial von Ullmann erhalten und so unmittelbare Anregungen zum Umgang mit Noten und Text gewinnen.
Die Ausführung, bereits vom Komponisten mit einer gewissen Lizenz zur Freiheit versehen, wird in der Regie des „Duo Pianoworte" mit wohlabgewogener Balance von Sprechstimme und Klavier zu einer regelrechten Feier der Gattung. Denn wo Ullmann mutmaßlich eine - in Theresienstadt freilich nicht realisierbare - Orchesterfassung vorgeschwebt hatte, da leistet Bernd-Christian Schulze in der „Orchestrierung“ des Klavierklanges ganze Arbeit. Eine Tonsprache, die Impressionismus und Expressionismus verbindend bis an die Grenzen der Tonalität führt, verlangt nach klug eingesetzten Klangmitteln und subtiler Anschlagskultur. Dieser Qualität des Spiels von Bernd-Christian Schulze steht Sprecher Helmut Thiele in nichts nach, wenn er den Rilkeschen Text deklamierend, rezitierend, dramatisch verdichtend oder sinnierend klingen und wirken lässt.
Wen es nach Ullmanns höchst eigenständiger Klangsprache zu romantisch-tonaler Wiedervergewisserung drängt, der ist mit der 17-minütigen „Zugabe“ bestens versorgt: Anton Arenskys „Drei Melodeclamationen“ op.68 nach (verdeutschten) Texten von Turgenev werden nicht nur äußerst stimmungsvoll interpretiert, sondern erhöhen als veritable „Weltersteinspielung“ auch den Repertoirewert der CD.
Ein reichhaltig ausgestaltetes zweisprachiges Booklet enthält neben einer profunden Werkeinführung von Dr. Günter Katzenberger auch die gesamten Texte, erfreulich ist zudem der Verzicht auf Plastikbestandteile im Cover.
◾ Christoph Otto Beyer
Duo Pianoworte; Viktor Ullmann, Die Weise von Liebe und Tod des Cornets Christoph Rilke, Kaleidos KAL 6341-2
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